Gegenwärtiges und Vergangenes

Monat: Juli 2025

Die größere Hälfte

Nach einer langjährigen toxischen Beziehung hatte ich im Jahr 1982 meine erste Frau kennen gelernt, rund um den Todestag meiner Mutter. 1986 haben wir dann in Hamburg Altona geheiratet.

Die Beziehung war ganz schön, aber scheitert dann irgendwann, weil ich mich sexuell in eine Impotenz verabschiedet hatte. Gibt es sicher mehrere Gründe, einer war eine sich entwickelnde Hypertonie. Ich glaube aber, dass ein anderer Grund viel entscheidender war. I. wünschte sich Kinder, ich nicht. Auch eine langjährige Paartherapie konnte das nicht ändern beziehungsweise wir kamen nicht an die eigentlichen Probleme ran. Irgendwann passierte es, dass ich A. kennen lernte und aus der Beziehung flüchtete.

Daran muss ich heute denken, denn es ist der 70. Geburtstag von I. Nach mir hatte sie ihren zweiten Mann kennen gelernt und mit ihm zwei Kinder bekommen. Ein paarmal habe habe ich sie in der Trennungszeit noch getroffen und zum letzten Mal bei der Beerdigung unseres gemeinsamen Freundes Derek. Ich muss ihr hoch anrechnen, dass sie sich überwunden hat, mir eine E-Mail zu schicken, um mir mitzuteilen, dass Derek wieder Kontakt zu mir aufnehmen wollte, nachdem er A. als dumme Kuh bezeichnet und den Kontakt abgebrochen hatte. Offensichtlich war es zu Derrick und zu ihr durchgedrungen, dass ich nicht mehr mit A. zusammen war, sondern mittlerweile Hanna kennen gelernt hatte. Zu unserer Hochzeit 2004 wurde Derek dann einer der Trauzeugen. Kurz danach war er an einem Schlaganfall gestorben.

Ich hatte Inge in ihrem 35. Lebensjahr verlassen, heute wird sie 70, also die größere Hälfte ihres Lebens hatte sie nach unserer Trennung. Offensichtlich auch Schicksalsschläge. Ihr Mann ist an, soweit ich weiß, Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben.

Wenn wir noch in Kontakt wären, hätte ich ihr heute sicher gratuliert und vielleicht sogar einen dicken Blumenstrauß geschickt.

Aus dem Takt

Letzten Montag hatte ich mal wieder die Gelegenheit mit einem Blaulichttaxi in das Klinikum am Friedrichshain verfrachtet zu werden. Mein Puls war im Ruhezustand bei 150 und meine Smartwatch hatte mich deshalb angemeckert.

Man will ja nicht den Notruf überfrachten, insofern hatte ich den kassenärztlichen Notdienst angerufen. Die leiteten den Fall aber an den Rettungsdienst weiter und so kam der Arbeiter-Samariter-Bund mit dem Rettungswagen. Die üblichen Maßnahmen, darunter ein EKG, ergaben, dass ich offensichtlich an Vorhofflimmern beziehungsweise Herzrhythmusstörungen leide. Also ging es ins Krankenhaus.

Um es kurz zu machen: ein Herzkatheter ergab nichts richtig Auffälliges, auch irgendwelche Stents wurden nicht gesetzt. Nach zwei Nächten wurde ich wieder entlassen..

So eine Notaufnahme ist ein interessanter Querschnitt durch die Gesellschaft. Neben mir lag ein tätowierter absolut Mensch, der sich die Seele aus dem Leib spuckte, offensichtlich wegen einer Magenschleimhautentzündung. Er machte sich Sorgen, um seine Katze zu Hause und war offensichtlich vorher schon einmal nicht im Krankenhaus geblieben, der Kompromiss war, dass er sich in der Notaufnahme in einer ruhigen Ecke erst einmal ausschlafen durfte.

Dann war dann noch Herr M., der offensichtlich nicht wusste, wo er war. Bei ihm hatte seine Bank den Rettungsdienst gerufen, weil er in der Filiale offensichtlich auf dem Boden saß und nichts machte. Er wurde, nachdem er mehrfach versucht hatte, zu gehen, letztendlich in ein Taxi gesetzt, um nach Hause zu fahren, wobei Pfleger dem Taxifahrer noch 20 € gab, um die Fahrt abzudecken.

Da war das dunkelhäutige Paar aus Norwegen, dass sich mit dem Personal auf Englisch verständigte, und erzählte, dass es mit dem Auto auf Besuch in Berlin sei. Worum es dabei ging, blieb mir unklar.

Kurz nachdem ich wieder zu Hause war, hätte ich eigentlich einen Termin bei meinem Hausarzt gehabt. Aber nach diesem Krankenhaus hatte ich da nicht recht Lust zu und deshalb nahm Hanna diesen Termin war, weil auch sie mit dem Arzt zu sprechen hatte. Und ihr gegenüber sprach er, nachdem sie ihm den Arztbrief aus dem Krankenhaus gegeben hatte, davon, dass der Herzkatheter nicht notwendig gewesen wäre und man das auch hätte anders lösen können. Zudem riet dringend davon ab, die vorgeschlagene Ablation des Herzens vorzunehmen.. Dabei wird mit einer Sonde ins Herz vorgedrungen, die Herzklappe durchstoßen und Gewebe im Linksherz verödet. Mittlerweile habe ich auch gelesen, dass diese Operation in meinem Alter eigentlich nicht notwendig ist..

Der nächste Krankenhaustermin liegt an. Am Mittwoch will man bei mir eine Nierenbiopsie vornehmen. Sicherheitshalber werde ich morgen meinen Hausarzt fragen, ob er das auch nicht für notwendig hält.